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Spezial und Pilsner in der Schweiz

Als Pilsner Bier oder Pils wird ein hopfenbetontes, untergäriges Vollbier bezeichnet. Den Namen hat das Bier ursprünglich von der böhmischen Stadt Pilsen (Tschechien). In der Schweiz durfte bis Ende 2022 der Name Pils/Pilsen/Pilsner nur für Bier verwendet werden, welches aus Tschechien stammt. Diese Vorgabe hat eine lange Tradition: Aus dem Protokoll einer Bundesratssitzung vom 17. Januar 1927 geht folgender Beschluss bezüglich eines Handelsvertrags mit der Tschechoslowakei hervor:

„Die schweizerischen Delegierten erhalten Weisung zu versuchen, die Zölle für baumwollene Stickereien um weitere ca. 2000 Kronen zu ermässigen. In diesem Falle kann dem tschechischen Wunsch betreffend absoluten Schutz des Pilsner Bieres entsprochen werden. […]“

In der Schweiz durfte nach Genehmigung des Handelsvertrags der Name Pilsner nur für Biere aus Tschechien verwendet werden. Weitergeführt wurde das Verbot im Staatsvertrag von 1973 zwischen der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik und der Schweiz. Die beiden Nachfolgestaaten – Tschechien und Slowakei – haben mit den entsprechenden Briefwechseln im Jahr 1994 die Weitergeltung dieses Vertrages bestätigt. Ende 2022 hat das Institut für Geistiges Eigentum informiert, dass der aufgrund eines Staatsvertrags mit der Tschechischen Republik seit 1927 geltende Schutzstatus von Pils/Pilsen Bier nicht mehr existiert. Die Bezeichnung „Pils/Pilsen“ kann nun in der Schweiz für Bier frei verwendet werden und ist nicht mehr nur tschechischem Bier vorbehalten.

Recherche zeigt: Spezli ist nicht gleich Pils

In Fachkreisen wurde lange angenommen, dass aufgrund dieses Vertrages Biere nach Pilsner Art in der Schweiz „Spezialbier“ genannt wurden. Dieses „Spezialbier“ entwickelte sich in der Folge aber weiter, auch aufgrund des Konsumentengeschmacks.

Recherchen im Archiv des Schweizer Brauerei-Verbands zeigen nun, dass die beiden Bierstile „Spezial hell“ und „Spezial dunkel“ aus der Zeit der Konvention der schweizerischen Brauereien (Bierkartell) stammen, über die vergangenen fast 100 Jahre dem Kundengeschmack angepasst wurden und sich somit vom Pils analytisch und geschmacklich unterscheiden.

Es besteht zwar eine gewisse Verwandtschaft zwischen dem „Spezial hell“ und dem Pils, da beide untergärig gebraut werden, über eine helle Farbe verfügen und einen ähnlichen Alkoholgehalt haben. Jedoch gibt es nur schon innerhalb des Pils zwei unterschiedliche Typen: deutsches Pils und böhmisches Pils. Im Vergleich zum deutschen Pils, ist das Schweizer „Spezial hell“ etwas weniger bitter, hat jedoch einen höheren Alkoholgehalt, ist meist etwas dunkler und vollmundiger. Das böhmische Pils ist etwas süsslicher und hat meist eine typische buttrige Note. Ein Sonderfall ist das Schweizer „Spezial dunkel“, da es kein dunkles Pils als Bierstil gibt.

Etablierter Schweizer Bierstil

Sowohl „Spezial hell“ wie auch „Spezial dunkel“ haben sich aus den Bierstil-Vorgaben während des „Bierkartells“ sowie aus der fast 100-jährigen Geschichte mit dem „Pilsverbot“ entwickelt und sind zu einer Schweizer Eigenheit geworden. Die beiden Bierstile unterscheiden sich sowohl vom Schweizer Lager hell und dunkel wie auch von den verwandten Bierstilen Pils, Helles, Export oder Dunkles. Das bedeutet, dass das „Schweizer Spezial hell“ und „Schweizer Spezial dunkel“ eigene Bierstile sind.

In der nationalen Bierprämierung „Swiss Beer Award“ gibt es somit zusätzlich zu den etablierten Kategorien „Schweizer Spezial hell“ und „Schweizer Spezial dunkel“ die Kategorie „Pils“.